Badefreuden im „Ähratol” – das Großgarnstadter Freibad
Autor: Heinz Faber
Veröffentlicht: 1994
Sie werden jetzt Ihr Gedächtnis anstrengen. Ähratol? — nein keine Erinnerung — und noch dazu Badefreuden? Lieber Leser, ich will Sie nicht irreführen und Ihnen das Suchen — vielleicht im Orient — ersparen. Wir bleiben unseren „Dorfgeschichten” treu und deswegen in der Heimat. Ähratol sagen die Oberfüllbacher, die Friesendorfer, die Großgarnstadter und meinen das Ährental.
Sie werden jetzt wieder überlegen: Ährental, in unserem Flurbereich, wo doch unsere Flurnamen so oft auf …leiten, …bühl, …graben enden; das muß etwas Besonderes sein. So ist es auch — Ährental — deshalb wollen wir ihm einen Besuch abstatten, dabei aber die „Badefreuden” in den Mittelpunkt stellen.
„1. Beschluß der Gründungsversammlung am 8. 7. 1930.
Der Sportverein Großgarnstadt hat heute in seiner Gründungsversammlung beschlossen, eine Badeanstalt zu bauen. Jedes Mitglied verpflichtet sich 2 cbm Boden auszuheben, das sind 6 Stunden Arbeitszeit, oder im Verhinderungsfall einen Ersatzmann für diese Leistung zu entlohnen. Die Arbeit muß innerhalb von 14 Tagen geleistet sein.”
Lehrer Holl von der Schule in Großgarnstadt war der Motor für den Bau des Bades. Die von ihm erarbeitete Satzung für die Vereinsgründung bestand aus 4 Absätzen. 33 Bürger aus Großgarnstadt waren die Gründungsmitglieder. Ihnen war es auch Vorbehalten, das Bad unentgeltlich zu benutzen.
a) Die Gründungsmitglieder sind frei von der Leistung eines regelmäßigen Mitgliederbeitrages.
(Auszug Satzung — Original)
b) Alle Mitglieder, ihre Ehefrauen und Kinder sind berechtigt, unentgeltlich die Badeanstalt des Vereins zu benutzen.
Zielstrebig begannen die Planungen. Für 30 Reichsmark im Jahr konnte das Gelände gepachtet werden. „Da nun die Mitglieder mit großem Eifer und voller Freude an die Arbeit gehen wollten …” so beschreibt Lehrer Holl die Begeisterung der Gründungsmitglieder.
Die Großgarnstadter Schwimmfreunde mußten viele Stunden lang beim Erdaushub schuften; heute würde das ein Bagger im „Handumdrehen” schaffen. Neue Mitglieder unter 17 Jahren zahlten kein Eintrittsgeld und keine Beiträge, Mitglieder über 17 Jahre 3 Reichsmark Eintrittsgeld und monatlich 20 Pfennig Beitrag. Arbeitsstunden am Bad waren keine Pflicht.
Am 10. 8. 1930, also knapp einen Monat nach Beginn der Arbeiten, war es so weit. Es konnte probeweise Wasser eingelassen werden. Doch zuvor mußte in den monatlichen Versammlungen Unangenehmes beschlossen werden.
Eine Anzahl von Mitgliedern kam ihren Verpflichtungen nicht nach. Es wurde beschlossen, für die nichtgeleisteten Arbeitsstunden im Juli und August je Stunde 40 Pfennig zu zahlen. Auch ein Gesuch an die Regierung von Oberfranken um Gewährung eines Zuschusses war notwendig geworden. Doch das Geld kam nicht, weshalb weitere freiwillige Arbeitsstunden von den Mitgliedern verlangt werden mußten. Vereinsaustritte blieben deshalb nicht aus.
Bei der Jahresschlußversammlung für das Gründungsjahr standen den 47,30 Mark Einnahmen 30 Mark Ausgaben und 50,60 Mark Außenstände gegenüber. Um Zuschüsse zu erhalten, wurde die Aufnahme in das Vereinsregister beantragt. Die Vereinskasse wurde durch Theaterabende aufgebessert. Das Bad machte bis zum Frühjahr des folgenden Jahres noch den Eindruck einer Baugrube. Eine Verschalung des Schwimmbeckens mit Brettern mußte von der Firma Stüpfert aus Ebersdorf gekauft und ein Zaun zur Badabgrenzung angebracht werden. Die Pflichtarbeitsstunden der Gründungsmitglieder mußten um weitere 6 Stunden erhöht werden. Eine Regelung für die Badezeit und für die Badekleidung wurde gefunden. „Badekleidung: Es wurde beschlossen, die Dreispitz-Badehosen im Bad nicht zu tragen und den Mitgliedern einen hellblauen Badeanzug zu empfehlen.” Zum Umkleiden wurde eine Hütte für 45 Mark angeschafft. Da die Vereinskasse jedoch leer war, mußte ein Kredit über 100 Mark aufgenommen werden.
Im Jahr 1932 konnten alle notwendigen Arbeiten am Bad abgeschlossen werden. Eine weitere Schwierigkeit stand jedoch bevor: Der 1. und 2. Vorsitzende traten zurück. Jedoch übernahm nach der Neuwahl Lehrer Holl sein Amt als 1. Vorsitzender wieder. Eine Versicherung für die Badeanstalt mußte abgeschlossen werden. Das Jahr 1933 brachte große politische Veränderungen, und andere Namen und Ideen hielten Einzug in das Vereinsleben. Der Name des Vereins wurde in Turn-Sport-Verein e.V. Großgarnstadt geändert.
Zu Beginn des Jahres 1934 findet sich folgender Satz des Schriftführers Albin Scheler: „Es wurde der Beschluß gefaßt, einen Antrag an die Gemeinde Großgarnstadt zu stellen zur Übernahme des Bades.” Es war die einzige Versammlung im Jahr. Was sich angekündigt hatte, vollendete die Generalversammlung am 15. 3. 1935:
1. Auflösung des Vereins.
Aus dem Protokoll
2. Übergabe des Bades an die Gemeinde Großgarnstadt.
Zu Punkt 1 gab der 1. Vorsitzende, Herr Holl, einen Bericht über die Gründung des Vereins, die Entstehung des Bades sowie über das Vermögen des Vereins. Er dankte nochmals den Mitgliedern für die geleistete Arbeit. Die gegenwärtigen Verhältnisse des Vereins erlauben es nicht, die finanziellen Anforderungen des Deutschen Sportbundes zu erfüllen. Es wurde einstimmig beschlossen, den Sportverein Großgarnstadt am April 1935 aufzulösen.
Alwin Scheler, Schriftführer