Ebersdorfer Dorfgeschichten

Wie's damals gewesen, ist heute zu lesen.

Alte DorfgeschichtenBand 12 - 2001

SÄRASPO – Tsching-bum! Erinnerungen an den Start der Frohnlacher Prunksitzungen

Autor: Helmut Stockhofe
Veröffentlicht: 2001
Redaktion: Dennis Busch

Eigentlich waren wir schon „alte Hasen” in Sachen Faschingsveranstaltungen. Wir, die Vereinsvorstände vom Gesangverein Frohnlach 1873, dem Radsportverein „Solidarität” Frohnlach und dem VfL Frohnlach hatten uns schon zehn Jahre lang um das Gelingen von gemeinsamen Veranstaltungen unter dem Kennwort „SÄRASPO” erfolgreich bemüht. Aber – wir wollten mehr! Unsere Vereinsgemeinschaft hatte einige Möglichkeiten, auch Talente, Idealisten und Gönner entdeckt, womit man etwas „Größeres” ansteuern könnte. Wir wollten nicht nur als Zuschauer bei „Mainz bleibt Mainz” dabei sein, sondern ein solches karnevalistisches Geschehen direkt nach Frohnlach verlegen. Dass wir die Mentalität von Rheinländern nicht so ohne weiteres ins Coburger Land übertragen konnten, war die erste Gewissheit, die wir hatten. Wir mussten also die hiesige Bevölkerung für etwas begeistern, was noch nie da war.

Doch zunächst mussten wir an die Möglichkeiten denken, die uns von Seiten des Wirtes, der Räume, der Ausstattung u. a. zur Verfügung standen. Der Wirt im Vereinslokal „Zur Linde” überließ uns den Saal gegen Zahlung von Strom, Heizung und „Stöpselgeld” sowie der üblichen Abgaben und Meldungen an Gemeinde und Aufsichtsbehörde. So durften wir den Getränkeausschank selbst übernehmen, wenn wir den vereinbarten Anteil an den Wirt abführen. Die Beheizung des Saales gab uns noch Probleme auf. Aber, wir würden es schon hinkriegen, zumal die Feuerwehr ja ohnehin anwesend sein musste, so meinten wir. Was Bedienungspersonal anbetraf, so waren Angehörige der Vereine dafür zuständig. Die Bühnen- und Saaldekoration würden wir dem hierfür schon bewährten Albin Eichhorn überlassen.

Dass der Musikverein Fohnlach die nötige Begleit-, Unterhaltungs- und Tanzmusik übernehmen soll, entsprach der einmütigen Meinung. Nicht zuletzt aus Werbungsgründen musste ein Faschingsumzug mit Kinderfasching eingeplant werden.

Zum „neutralen Geschäftsführer” für die nunmehr anstehenden Belange der Vereinsgemeinschaft in Sachen Karneval wurde Albin Eichhorn ausersehen. Unter seiner Leitung wurden die künftigen Verhandlungen und Gespräche geführt.

Jetzt begannen die Diskussionen um das Veranstaltungsprogramm. Wir befanden uns im Herbst des Jahres 1964 und hatten alle gewisse und bestimmte Vorstellungen in Anlehnung an den rheinischen Karneval. Es mußte auch bald festgestellt werden, dass die überwiegend musikalischen Darbietungen in das Aufgabengebiet des Gesangvereins fallen und von den beiden anderen Vereinen Beiträge zu leisten sind, die nun mal nicht zur üblichen Vereinstätigkeit gehören. Es gab auch diesbezüglich keinerlei Schwierigkeiten. Mit Oscar Schilling hatte man einen bereitwilligen, schon immer frohnlachverbundenen Chorleiter zur Verfügung, der sofort in dieser Richtung tätig werden würde. So erhofften wir uns zwei Gruppenauftritte (musikalisch und originell), zwei Solonummern und den großen Hofsängerauftritt.

Die drei Vorsitzenden erklärten sich bereit, die ersten Büttenreden der Prunksitzungen zu halten. Weitere, hierfür geeignete Mitglieder wurden benamt. Radler und Sportler wollten drei weitere Bühnennummern erarbeiten, die in Richtung Frauen- und Männerballett, wie Sketch gehen sollten. Es fehlte noch der Tanz auf der Bühne. In Friedei Seeharsch fanden wir eine bereitwillige Leiterin des gewünschten Gardeballetts.

SÄRASPO-Kinderfaschingszug, angeführt von Heinz Wittmann, Günter Zachert und Herold Friedrich.
SÄRASPO-Kinderfaschingszug

Nun fehlte nur noch der Kopf vom Ganzen. Wir brauchten einen Elferrat, ein Prinzenpaar und ein Funkenmariechen. Während wir letzteres in Maritta Knorr „auf Anhieb” fanden, sollte das Prinzenpaar doch erst nach Konstituierung eines Elferrates berufen werden. Man ging dabei von der Wahl von Komiteemitgliedern aus, die in den Vereinen durchzuführen sei.

Vorweg standen jedoch aus vielerlei Gründen die meisten Namen schon fest, bzw. im Vordergrund. Das traf auf die ersten Vorsitzenden, den Geschäftsführer, die Bürgermeister, den Schulleiter und drei Firmeninhaber zu. Fünf geeignete, zuverlässige und bewährte Vereinsmitglieder waren noch zu benennen. Alle Kandidaten gehörten selbstverständlich mindestens einem der drei SÄRASPO-Vereine an.

Die Arbeit des Komitees begann mit Wahlen von Funktionären innerhalb dieses Gremiums. Albin Eichhorn wurde einstimmig zum Ersten Präsidenten eines SÄRASPO-Komitees gewählt. Weitere Posten wurden nach Übereinstimmung vergeben.

Das erste Prinzenpaar: Siegfried Thor und Angelika Kirchner mit Funkenmaritta, Garde und Elferrat.


Komitee-Mitglied und 2. Bürgermeister Willy Friedrich.

Nachdem es nun ein unternehmungsfreudiges Organ gab, begannen zielbewußt Vorbereitungen für die erste Karnevalistische Prunksitzung in Frohnlach und damit auch die erste solcher Art im weiten Umkreis. Was inzwischen bereits im Vorspann getan wurde, konnte akzeptiert und der Durchführung vorangestellt werden.

Aus diesem Blickwinkel erfolgten dann alle Beschlüsse, die noch zu fassen waren. Da ging es sowohl um die Kleidung für Elferrat, Prinzenpaar, Garde, Gruppen und Sänger, wie um Eintrittskarten und Weinpreise, um Garderobegebühren, Trinkgläser, Einladungen an Ehrengäste und manches mehr. Selbstverständlich gab es ein Für und Wider unter den Mitgliedern, weil es einfach Gesichtspunkte gab, die in den persönlichen, wie wirtschaftlichen Lebenssituationen begründet waren. Entscheidend waren die erreichten Beschlüsse, die den Vereinen zum Vorteil werden sollten.

Immer noch waren wir im Zweifel, wie wohl unsere Gäste den Wein- und Sektzwang und die damit verbundenen Preise beurteilen, bzw. annehmen würden. Dagegen hielten wir es für richtig, die Eintrittskarten nicht im Vorverkauf, sondern an der Abendkasse zu verkaufen. Damit sollte u. a. eine frühzeitige Füllung des Saales sowie eine rechtzeitige Getränkeausteilung erreicht werden. Am Samstag, den 16. Januar 1965, stand man schon 2 Stunden vor Beginn in der Schlange nach Eintrittskarten an. Das hatten wir allerdings nicht erwartet und den Besuchern eigentlich nicht zugemutet. Die Freude war allerdings groß, als sich um 20.11 Uhr die Türen öffneten, der Narrhalla-Marsch vom Musikverein Frohnlach ertönte, Maritta Knorr als Funkenmaritta dem Einzug von Elferrat, Prinzenpaar, Prinzengarde und den sonstigen „Chargierten” voranwirbelte. Ein nach damaligen Verhältnissen bestens dekorierter Saal, festlich wirkende Tischreihen mit Gästen in ebensolcher Kleidung, eine einladend wirkende Bühne und der tosende Beifall vermochten tatsächlich den Zauber einer Prunksitzung zu vermitteln, wie er bisher nur per Fernsehen aus den Rheinmetropolen bekannt war. Wir hatten unser Ziel erreicht, unsere Wünsche wurden wahr!

Das Eichberg-Quartett mit Albin Eichhorn, Arno Nemmert, Willy Geisthardt und Willy Friedrich. In der Mitte Bruno Lissner (Musik).
Die „Schwiegermütter”: Sieglinde Erdmann, Trude Stockhofe, Ilse Klingler, Martha Hott.

Als Präsident Albin Eichhorn seine Eröffnungsrede hielt, saßen folgende Herren als Elferräte an seiner Seite: Kurt Schultheiß, Helmut Stockhofe, Heinz Wittmann, Willy Friedrich, Gerd Voß, Willi Schillig, Horst Henning, Walter Kirchner, Günter Zachert, Walter Knorr. Unser erstes Prinzenpaar stand den Profis gewiss um nichts nach. Siegfried Thor und Angelika Kirchner glänzten ob ihrer Würde. Sie wurden von Karola Kretz und Edeltraud Jacob begleitet. Mit Schwung und Grazie agierten 8 Frohnlacher Mädchen im Gardeballett. Friedei Seeharsch als Einstudierende erfreute die Zuschauer mit: Heiderose Welsch, Elisabeth Thomä, Marcella Friedrich, Anneliese Schulz, Margit Wittmann, Heidi Nemmert, Roselinde Gödel und Sieglinde Kalb. Durch das Programm führte Gerd Voß.

Da gab es wirklich von Jedem etwas. Ein „Eichberg-Quartett” (Albin Eichhorn, Arno Nemmert, Günter Zachert und Willy Friedrich) sang mit Bruno Lißner nach Texten von Albin Eichhorn. Eine Uraufführung gab es mit dem Frohnlacher Faschingsschlager „Wer Frohnlach kennt und liebt es nicht …” Text und Musik von Oscar Schilling, vorgetragen von Günter Zachert. Die vier „Schwiegermütter” (Sieglinde Erdmann, Trude Stockhofe, Ilse Klingler und Martha Hott) erreichten mit ihrem Auftritt die Bewertung „Höhepunkt”. Auch die „Hofsänger” hatten einen großen Erfolg. In Büttenreden von Kurt Schultheiß als „Welttheaterintendant”, von Helmut Stockhofe als „Wochenblatt-Reporter”, von Heinz Wittmann als „Alter Neuer Frohnlacher”, von Trude Stockhofe als „Dame Stubenrein”, von Willy Friedrich mit „Gemeindeinformationen”, fand man einen gekonnt-geeigneten Stil für anspruchsvolle Veranstaltungen. Auch die übrigen Programmpunkte fanden begeisterte Aufnahme. Überall, wo notwendig, war Oscar Schilling der musikalische Begleiter, Textdichter und Komponist. Auch der Schlachtruf „Tsching-bum” ging auf sein Konto. Franz Kroner mit der Blasmusik des Musikvereins war genauso erfolgreich wie Bruno Lißner als Stimmungsmusiker. In ganzseitigen Aufmachungen berichteten die hiesigen Tageszeitungen über „SÄRASPO”.

Wir als Veranstalter waren überzeugt davon, dass wir der Dorfgemeinschaft einen guten Dienst erwiesen hatten und nichts konnte uns davon abhalten, Prunksitzungen zu wiederholen, bzw. beizubehalten. Das „Klingeln in den Kassen” unserer Vereine weckte auch materielle Begeisterung, wodurch das Vereinsleben beachtliche Impulse erhielt.

Wenn wir heute, im Jahre 2001, auf 36 Jahre Prunksitzungen in Frohnlach zurückblicken können, wo viel Freude und Besinnung, aber auch Schmerz durch unsere Reihen zog, so möchte ich als Mitbegründer der Vereinsgemeinschaft „SÄRASPO” allen ein herzliches Dankeschön und ein fröhliches „Weiter so!” zurufen. Helau!

Trude und Helmut Stockhofe im Duett.
Frohnlacher „Hofsänger”

O holde Narrenzeit
Ob Fasching oder Karneval
Es brausten über Berg und Tal
Der tollen Nächte Wogen –
Es kamen viele Narren her
Und Lust und Freude wurden mehr
Und keiner ward betrogen.

Habt ihr den rechten Sinn gepflanzt
Und Tag wie Nacht hindurchgetanzt
Und nicht versäumt das Küssen –
Dann wurde euch Nektar geschenkt
Und mancher etwas traurig denkt
Jetzt werd ichs lassen müssen!

Drum, süße Mädchen, tolle Frau’n
Ihr kühnen Männer – im Vertraun –
Wir wolln uns vorbereiten –
Auf das, was knapp ein Jahr entfernt
Damit man es nicht ganz verlernt –
Auf neue Narrenzeiten!

Helmut Stockhofe


Unsere Prinzenpaare ab 1965

  • 1965 Siegfried Thor & Angelika Kirchner
  • 1966 Siegfried Thor & Marcella Friedrich
  • 1967 Manfred Zachert & Carola Kretz
  • 1968 Roland Rosenbauer & Heiderose Welsch
  • 1969 Jürgen Reißenweber & Gerda Reißenweber
  • 1970 Karl-Heinz Knorr & Maritta Knorr
  • 1971 Gerhard Höllein & Agnes Höllein
  • 1972 Norberl Friedrich & Erika Hott
  • 1973 Siegfried Pecher & Marina Pecher
  • 1974 Karl-Heinz Knorr & Maritta Knorr
  • 1975 Gerald Klappmann & Michaela Klingler
  • 1976 Volker Reinmüller & Christina Reinmüller
  • 1977 Hans-Ulrich Friedrich & Gabi Friedrich
  • 1978 Klaus Friedrich & Regina Stegner
  • 1979 Reinhard Pfeufer & Ursula Pfeufer
  • 1980 Leander Fleischmann & Regina Fischer
  • 1981 Uwe Straßner & Doris Schwesinger
  • 1982 Leander Fleischmann & Regina Fischer
  • 1983 Hans-Jürgen Fischer & Gisela Faber
  • 1984 Peter Adamcik & Lilo Adamcik
  • 1985 Klaus Ultsch & Rita Ultsch
  • 1986 Achim Fischer & Sabine Schalter
  • 1987 Thomas Gutmann & Martina Reißenweber
  • 1988 Udo Fischer & Caroline Popp
  • 1989 William Nelson & Natascha Nelson
  • 1990 Georg Birmelin & Karin Birmelin
  • 1991 Stephan Günzel & Pia Günzel
  • 1992 Thomas Schauder & Conny Schauder
  • 1993 Thomas Treibig & Michaela Treibig
  • 1994 Oliver Kopp & Kerstin Kopp
  • 1995 Stefan Kemnitzer & Alexandra Kemnitzer
  • 1996 Fredi Glaser & Annette Glaser
  • 1997 Matthias Rotter & Daniela Köhler
  • 1998 Norbert Krämer & Hannelore Krämer
  • 1999 Holger Lütke & Katrin Lütke
  • 2000 Oliver Kopp & Kerstin Kopp

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